Alle Existenzen im Kreislauf der Wiedergeburten werden als leidvoll betrachtet. Ziel ist deshalb letztlich das durch die Erleuchtung („zum Buddha werden“) ermöglichte völlige „Verwehen, Verlöschen“ (= „nirvāna“), das nach der Vorstellung der Buddhisten als ein Eingehen in strahlendes Licht erlebt wird.

Ein Hauptwerk des tibetischen Buddhismus ist das „Tibetische Totenbuch“(„Bardo Thödol, Die große Befreiung durch Hören im Bardo“).„Bardo“ bedeutet „Zwischenzustand“, insbesondere auch zwischen einer Existenz und der nächsten, der nach dieser Lehre bewusst erlebt werden kann. Für den tibetischen Buddhismus hat die fürsorgliche Begleitung Sterbender einen herausragenden Stellenwert. Dem Sterbenden werden die wesentlichen Inhalte des Tibetischen Totenbuches vorgelesen mit der Überzeugung, dass er sie auch nach dem Erlöschen der wahrnehmbaren Lebensfunktionen noch hören kann.

„Befreiung heißt in diesem Fall, dass wer immer mit dieser Lehre in Berührung kommt – und sei es auch nur in der Form des Zweifels oder auch mit unvoreingenommenem Geist – durch die in diesen Schätzen enthaltene Macht der Überlieferung einen plötzlichen Schimmer der Erleuchtung erfährt.“   (Chögyam Trungpa, Rinpoche)

Hierbei ist von besonderer Bedeutung die Erkenntnis, dass uns auch in diesem Zustand, wie im „normalen“ Leben selbst („Bardo der Träume“ genannt) alle Dinge nur in bestimmter Weise erscheinen (als subjektive Wirklichkeit). So, wie ich sie wahrnehme, sind sie für mich wirklich. Im Tibetischen Totenbuch heißt es: Die Erscheinungen„sind die reine Form deiner Projektionen, ... diese Bereiche existieren nirgendwo anders als in den vier Richtungen deines Herzens, mit der Mitte als fünfter Richtung, und nun treten sie aus dem Inneren deines Herzens hervor und erscheinen vor dir. Jene Bilder kommen nicht von irgendwo anders her, sondern sie sind das ursprüngliche spontane Spiel deines Geistes, darum erkenne sie als solches.“

Für den Zen-Buddhismus kennzeichnend ist die Aussage: „Was ist der Tod für mich? Nix. Es ist ein Aufhören von einer Erscheinungsform. Es ist überhaupt nichts Besonderes; es gehört zum Leben.“ (Herbert Genro Koudela)

„Mit leeren Händen betrat ich diese Welt
barfuß verlasse ich sie.
Mein Kommen, mein Gehen -
zwei ganz gewöhnliche Ereignisse,
in die wir uns einfach nur verstrickt haben.“(Kozan Ichikyo, 1360)

Buddha kommt es ganz entscheidend auf das Leben vor dem Tode an – er meint, dann kann es uns eigentlich egal sein, was danach geschieht.

 

Der vierfache Trost

„Für alle, die von Begierde und Übelwollen frei sind, unbeschwert, erfüllt von Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut gibt es noch bei Lebzeiten vierfachen Trost:

  • Wenn es eine andere Welt gibt und einen Zustand, in dem Frucht und Vergeltung guter und böser Taten sich einstellen, so werde ich nach dem Tode in einem glücklichen Dasein, in einer höheren Seinsebene wiedererscheinen.
  • Wenn es aber keine andere Welt gibt und keine Frucht und Vergeltung guter und böser Taten, so halte ich mich eben hier in dieser Welt frei von Hass und Übelwollen, schuldlos und glücklich.
  • Wenn einem Übeltäter nach seinem Tode Übles widerfahren sollte, ich aber gegen niemanden Übles im Sinn habe, wie sollte da wohl mir, der ich nichts Übles tue, Unheil widerfahren?
  • Wenn aber einem Übeltäter nach seinem Tode nichts Übles widerfährt, so bewahre ich mir in jedem Falle ein reines Herz.“                  (Pāli-Kanon, Anguttara-Nikaya III, 66)