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Der Mittlere Weg Buddha erkannte den von ihm so genannten „Mittleren Weg“ als Pfad zur Erleuchtung: Weder der Weg der Hingabe an die Sinnesfreuden noch der Weg einer selbstquälerischen Askese führen zu wahrer Erkenntnis. Ziel ist eine ausgeglichene Lebensführung, bei der die beiden Extreme einer strengen Askese und einer übermäßigen Sinnesbefriedigung vermieden werden. Die Vier edlen Wahrheiten Seine Einsicht faßt der Buddha in den Vier edlen Wahrheiten zusammen:
In der Ersten edlen Wahrheit stellt Buddha nicht nur fest, dass Geburt, Alter, Krankheit, und Sterben Leiden ist, sondern auch „die Vereinigung mit Unliebem ist Leiden; die Trennung von Liebem ist Leiden; was man wünscht, nicht zu erlangen, ist Leiden; kurz gesagt, die fünf Arten des Festhaltens am Sein sind Leiden.“ (Pāli-Kanon, Samyuttanikaya LVI, 11).Die fünf Arten des Festhaltens am Sein sind: Festhalten an der Form, am Gefühl, an der Wahrnehmung, an den Grundbedingungen, am Bewusstsein. In der Zweiten edlen Wahrheit betont der Buddha insbesondere auch das Begehren, die Gier, die unablässig befriedigt werden möchte, als Ursache des Leidens. In der Dritten edlen Wahrheit bezeichnet er das Aufgeben, den Verzicht, die Loslösung von dieser Gier als wesentlichstes Element zur Überwindung des Leidens. Als zentrale Aussage kann man zusammenfassen: Je mehr ich festhalten will, haben will, erfüllt von Gier, verstrickt in Triebe,
je mehr ich loslassen kann, Abstand zu den Dingen gewinne, Das Loslassen wird erleichtert durch Erkenntnis, das Wissen um das Wesen der durch uns wahrgenommenen Wirklichkeit, als in stetem Wandel, in stetiger Veränderung befindlichen Erscheinungen, einschließlich des eigenen Ichs. Von Begierde und Übelwollen befreit, wird die Beziehung zu anderen fühlenden Wesen bestimmt durch (Pāli-Kanon, Anguttara-Nikaya III, 66, siehe Kapitel „Liebende Güte“):
Der Edle achtfache Pfad Der Edle achtfache Pfad (die Vierte edle Wahrheit) beinhaltet Richtlinien für ein sittliches und meditatives Leben:
Die Vier edlen Wahrheiten und der Edle achtfache Pfad dienen allen Richtungen des Buddhismus als spirituelle Grundlage.
Die Gruppe der Erkenntnis: zu 1. Rechte Einsicht, rechte Erkenntnis: Wissen, dass das Leben von Leid geprägt ist, das Leiden jedoch überwunden werden kann; dass in dieser Welt der Erscheinungen alles im Wandel ist und nichts Unvergängliches existiert; dass sich alles auswirkt, was wir tun und denken (Karma-Gesetz). Eine der Auswirkungen des Karmas ist die Wiedergeburt. Der Kreislauf der Wiedergeburten kann erst durch die vollkommene Erleuchtung („zum Buddha werden“) mit dem völligen „Verwehen, Verlöschen“ (= „nirvāna“) im Tod der dann letzten Existenz beendet werden. zu 2. Rechtes Denken, rechte Gesinnung: Innere Einstellung, die jedes Anhaften, jede Gier (Begehren), jede Hingabe an die Lust der Sinnesfreuden (Leidenschaften), jedes Übelwollen (Hass), jede Gewalt ablehnt. Erst durch das Loslösen aus Verstrickungen jeder Art, auch von zu starken Bindungen (durch Gleichmut, Gelassenheit), kann man gute Taten vollbringen.
Die Gruppe des Lebenswandels: zu 3. Rechte Rede: Nicht nur nicht lügen, sondern nur das Wahre, das Gute, das Notwendige sagen, zur rechten Zeit das rechte Wort. zu 4. Rechtes Handeln: Charakterisiert durch die 5 Sila, Übungsregeln, die Empfehlungen für ein friedliches Zusammenleben darstellen:
zu 5. Rechter Lebenserwerb: Für seinen Lebensunterhalt auf ehrliche Weise sorgen, ohne anderen Leid oder Schaden zuzufügen.
Die Gruppe der geistigen Einstellung: zu 6. Rechte Anstrengung: Das rechte Streben richtet sich darauf, a) noch nicht vorhandene üble und unheilvolle Zustände nicht entstehen zu lassen; b) vorhandene üble und unheilvolle Zustände zu beseitigen; c) noch nicht vorhandene heilvolle Zustände zu schaffen und d) heilvolle Zustände zu erhalten. zu 7. Rechte Achtsamkeit, rechte Wachheit: Bewusstes, intensives und unmittelbares Erleben des gegenwärtigen Augenblicks, ob man arbeitet, geht oder steht, isst oder trinkt, glücklich einen lieben Menschen umarmt oder unter einer Verletzung oder Krankheit leidet. Klare Sicht der Dinge und seiner eigenen körperlichen und geistigen Verfassung: sein Alter, seine Fähigkeiten, seine Grenzen, Erwartungen oder Ängste annehmen (akzeptieren: so ist es, dies ist meine Wirklichkeit), um dadurch aber auch eine Basis für Veränderungen (alles ist im Wandel) zu schaffen. Wir machen alles zu einem Objekt. Namen, Begriffe sind nicht wichtig, sondern die Qualität der Dinge in der Beziehung zu einem selbst. Es geht darum, sich in die Dinge einzufühlen, darin zu versinken, „so ähnlich, wie wenn wir Musik hören und uns der Musik hingeben – das geht am besten, wenn wir aufhören zu denken“ (Herbert Genro Koudela) zu 8. Rechte Sammlung, rechtes Sich-Versenken (Meditation) : Durch die Methoden der Meditation wird man von seinen Begierden und unheilvollen Verstrickungen frei und es öffnet sich der Weg zur Erfahrung von Einheit und Geborgenheit in der letzten Wirklichkeit, im Urgrund seines Seins (im Christentum würde man sagen: Erfahrung des Göttlichen). Es sind Übungswege für den Alltag. Das „Vipassana“, eine Meditationstechnik des Theravada-Buddhismus, betont das bewusste Wahrnehmen seiner Körperempfindungen. Im „Shikantaza“, einer Meditationstechnik des Zen, verweilt man in einem Zustand gedankenfreier, hellwacher Aufmerksamkeit, die auf kein Objekt gerichtet ist und an keinem Inhalt haftet. Dieser Zustand kann jedoch nicht durch die Unterdrückung jeglicher Tätigkeit des Geistes erlangt werden, sondern nur, indem man jegliches Unterscheiden und Anhaften (an Gedanken oder Empfindungen) aufgibt. Das intensive Erleben des Hier und Heute, verbunden mit dem Nicht-anhaften, dem Nicht-festhalten-wollen, und der Erfahrung von Geborgenheit ermöglicht erst ein dankbares Annehmen und Genießen, glücklich sein. Es gilt jedoch: „Wenn unsere Meditationen uns nicht befähigen, anderen liebevoller und mit mehr Verständnis gegenüberzutreten, sind sie nicht viel wert.“ (Geshe Rabten).
Der Mittlere Weg und die Vier edlen Wahrheiten bilden das Fundament der Lehre Buddhas. Hierbei geht es nicht um eine Erklärung der Welt, um Glaubenssätze, sondern um die eigene Erfahrung, das eigene Erkennen. Er zeigt einen Weg auf, der die Erlösung vom Leid ermöglicht, der uns weniger leiden lässt unter dem in allen Existenzen letztlich unvermeidbaren Leid. „Nicht was wir erleben, sondern wie wir empfinden, was wir erleben, macht unser Schicksal aus.“ (Marie von Ebner-Eschenbach) Im Buddhismus geht es um Minderung des Leidens – gibt es denn nicht den Begriff „Glück“? |